A little, tinsy bit of Mobbing

Der heutige Tag fing gut an.
Mein erster Kunde kam aus Norddeutschland und erzählte mir einen Witz, der mich zum lachen brachte:
“Wie bestellt ein Taubstummer einen Hammer?”
“Keine Ahnung.”
“Er geht in den Laden und haut auf den Tisch.”
“Aha.”
“Und wie bestellt ein Blinder einen Hammer?”
“Keine Ahnung.”
“Na. Der kanns doch sagen.”
Ich versuchte nicht zu laut zu lachen und freute mich und dachte, dass es ein guter Tag werden wird. Erzählte den Witz meinem deutschen Kollegen weiter, der auch kicherte und holte mir dann einen Kaffee.

Gute Laune um 6 Uhr 45. Das ist selten.
Ich rief eine Kundin in Südafrika an, die vor einigen Tagen zu mir meinte:
“Ich kaufe die Tickets. Aber ich bezahle erst am 23sten. Rufen Sie mich dann bitte nochmal an.”
Als ich sie dann an der Strippe hatte, meinte sie:
“Aber Darling. Ich bin gerade im Training. Ruf mich später an.”
Also machte ich eine Notiz im System, so dass ich mich erinnere sie später anzurufen. Ich kalkulierte, dass ich sie so gegen acht Südafrikanischer Zeit anrufen würde.
Aufgeräumt.
Ich war aufgeräumt und dachte tatsächlich, dass ein guter Tag kommen würde.

“Hast du den Film Monster gesehen?”, fragte die dicke Bitch die mexikanische.
“Nein.”
“Also. Das ist total krass. Es ist ein krasser Film. Über eine Massenmörderin, die nur Männer tötet. Ist schon krass, was es alles gibt. Realität ist schon grausam.”
Ich schaute von meiner Malerei des Tages auf und sehe zur dicken Bitch herüber.
Mache nicht weiter als eine schwebende Handbewegung. Eine abwägende, da ich persönlich finde, dass das Wort Realität an dieser Stelle nichts verloren hat.
Sie sieht mich nur verächtlich an und sagt dann mit diesem Unterton in der Stimme, denn ich auf den Tod nicht ausstehen kann (angepisst und arrogant gleichzeitig)
“Was guckst du so? Was verstehst du schon davon?”
Ich sehe sie fassungslos an. Versuche irgendetwas dazu zu sagen, aber mir bleibt vor lauter Sprachlosigkeit die Spucke im Hals stecken.
Ihr gegenüber sage ich nichts. Aber zu meinem Bildschirm fluche ich leise:
“Diese verfluchte Arroganz. Diese unglaubliche Arroganz!” und ärgere mich leise vor mich hin. Setzte sogar mein Kopfhörer wieder auf, obschon ich niemanden anzurufen habe, damit ich den weiteren, dämlichen Gesprächen der beiden nicht zuhören muss. Natürlich höre ich sie trotzdem. Es bleibt nicht aus.

Den Film Monster habe ich gesehen.
Die Dokumentation über den Film Monster habe ich zweimal gesehen und in eben jener Dokumentation wird beschrieben, wie eng die Polizei und Hollywood bei dem Fall der Serienmörderin zusammengearbeitet haben. Eine These des Dokumentarfilmers war, dass sie nicht zum Tode verurteilt worden wäre, wenn die Polizei und Hollywood nicht gemeinsame Sache gemacht hätten.
Die Gespräche zwischen dem Dokumentarfilmer und Ayleen machten deutlich, wie schwer psychisch krank diese Frau war und der Hauptkritikpunkt des Filmes – oder die Hauptfrage war - “Was ist das für ein System, was offensichtlich psychisch kranke Menschen hinrichtet?”
Ich habe einige Artikel darüber gelesen, habe mich mit Freunden darüber unterhalten ....
und die dicke Bitch urteilt mich mit ihrer ihr eigenen Arroganz ab.
Mit einem Wimpernschlag...
Ich mag sie nicht.

Versuche es zu verknusen – male mein Bilchen. Ziehe mich zurück. Versuche nicht den dummen Gesprächen zuzuhören. Versuche nicht darüber nachzudenken.
Es gelingt mir nicht und als ich gegen neun zum Starbucks um die Ecke gehe, heule ich mich dort erstmal aus.
“Hier hast du nen Kaffee. Geht es dir jetzt wieder besser?”
“Nein. Aber Danke!”, sage ich und mag Kanada, weil sich hier jeder bei jedem ausheulen kann. Dann kann ich das auch. Und nicht alle Kanadier sind kacke. Nur die mit denen ich zusammenarbeite.

Als ich wieder zurückkomme – mit meinem Kaffe und ein wenig besserer Laune und ich mich an meinen Platz setze kann ich mit ein wenig besserem Gefühl malen, zeichnen. Meine Formen ausmalen und mich in eine andere Wirklichkeit träumen.
Weit – Weit – Weit weg von hier.
Der Tag hat so gut angefangen. Wie war der Witz doch gleich.
Ich schaue kurz nach wie spät es in Südafrika ist. Noch zu früh nach meinem Plan, als ich kurze Zeit später sehe, dass jemand anders in der Bestellung herumfurwerkt.
Natürlich.
Die dicke Bitch.

Erstaunt bin ich erst, als sie meine Kundin anruft. Die Kundin mit der ich abgemacht habe später nochmal anzurufen. Erstaunt bin ich noch viel mehr, als dass die dicke Bitch etwas macht, was untersagt ist.
Die Regel ist:
Hast du mit einem Kunden gesprochen, dann bist du für diesen Kunden verantwortlich. Und du bist diejenige, die zurückruft. Ich wurde schon diverse Male von der dicken Bitch zurückgepfiffen, weil ich in ihrer Bestellung war.
“Die habe ich gestern angerufen.”, “Das ist mein Kunde!”, etc. pp.
Nun ruft sie die Fau in Südafrika an und ich stehe auf, um mir noch einen Kaffee zu holen.
Das ist kaum ertragbar.
Ich rauche vor Wut.

Als ich mich wieder hinsetze kommt jedoch das beste vom Tag.
Die mexikanische Bitch stellt der dicken eine Frage:
“Du?”
“Ja.”
“Wenn Du jemanden aus dieser Abteilung wegwünschen könntest. Und dieser jemand würde niemals wieder kommen. Wen würdest du dann wegwünschen?”
“Sie!”, sagt die dicke Bitch und zeigt auf mich.
“Ich auch!”, sagt die mexikanische Bitch.

Ich aber.
Ich sitze da. Über meine Zeichnung gebeugt und male vor mich hin. Tue so, als hätte ich nichts gemerkt.
Sage mir, dass das alles eine Frage des Neides ist.
Sage mir, dass nicht alle Kanadier doof sind.
Sage mir, dass das an mir abprallen sollte.
Sage mir ....
Und seufze.
Der Tag hatte so gut angefangen.
Und auch ein Blinder kann reden.

Keine Kommentare: