Triumph Haus

Es liegt auf einem kleinen Hügel ganz am Ende der Triumph Street und wenn man im Garten auf einen kleinen Stein steigt, kann man Downtown sehen.

Natürlich schaut man dabei über Playland hinweg. Das Vancouveranische Pendant zum Hansapark, wo man die Vergnügungssüchtigen den ganzen Tag über auf den Achterbahnen schreien hört. Sicherlich werde ich in allernächster Zeit dorthin gehen. Ganz allein um verstehen zu können, warum sie so schreien.

Ein Hügel, ein Vergnügungspark, ein altes Haus aus Holz gemacht, grün und weiss angestrichen und mit altem Dielenboden ausgelegt. Einer Terasse, einem Walnußbaum im Garten (der einem des öfteren halbgare Walnüsse an den Kopf schmeisst), einem Wäscheraum und drei Stockwerken, die über Treppen miteinander verbunden sind und über seperate Eingänge verfügen.


Ganz oben wohnt die Besitzerin.

Jocelyn - Der Psych.

Was ich nicht wusste – wie sollte ich auch – bis ich letzten Donnerstag mit ihr sprach und sie mir erklärte, was sie eigentlich macht und wie sie eine Beraterin wurde und was für Beratungen sie vornimmt und aus was für einer Ecke sie kommt. Nämlich aus der „Psych“ Ecke. Aus der Ecke, die Menschen intensiv zuhört und dann die Zukunft voraussieht. Der dieses Metier (in dem die Scharlatane nur so wuchern) irgendwann zu unheimlich wurde und die danach ein „Fosterhome“ mit fünf pupertierenden Mädchen eröffnete. Die ihr Geld mit Workshops verdient, wohin Menschen aus ganz Europa strömen ... die aus Händen liest und Horoskope erstellt und daran glaubt, dass die USA Kanada unterwandert (was übrigens sehr viele Menschen hier glauben). Dabei viel viel Wein trinkt und braune Zigarillos raucht.


In der Mitte wohnen Ambellina und ich. Die fast zwanzigjährige Friseurin mit roten Haaren und bunter achziger Kleidung, die immer zunächst zuhört und wenn man sie etwas fragt mit einer Silbe antwortet... „No.“ - „Why“ - „Yes.“ - „Food.“ - „Muffin“ und die ihre Lieblingssache auf der ganzen Welt kürzlich in Kanada bei seventh eleven (einer Art Supermarktkette) gefunden hat. Der Bananen-Schoko Muffin, denn er hat:

„Früchte, Schokolade und ist ein Muffin. Die drei besten Dinge der Welt in einem.“

Unten wohnen Jeremy und Yvette.

Jeremy der spanische Australier, der unglaubliches Heimweh hat und dauernd von Australien spricht – wie viel besseres Wetter sie dort haben. Um wieviel schöner es dort ist. Wieviel netter und klüger die Mädchen dort sind. Und der – abgesehen davon - als Bartender in einer Bar downtown arbeitet. Jeremy ist Jeremy. Und in seiner jugendlichen Schwermut und seiner Langatmigkeit die damit einhergeht, geht er mir ein wenig auf die Nerven, denn er will verstanden sein und ich habe ihn schon längst verstanden ... So etwas kann er jedoch nicht glauben, da er glaubt, dass er in seiner gesamten Komplexität niemals ganz verstanden sein kann.

Jeremy kann des nächtens mit seiner Gitarre im Garten sitzen, einen mit seinen grossen Augen ansehen und sagen: „Ich habe gerade ein neues Lied erfunden... Cool, ne?“ und man nickt und sagt nicht, dass man diesen Song von irgendwoher zu kennen glaubt. Man nickt und lächelt und denkt: „Ach Gottchen...“

Yvette dagegen – ein ehemaliges Pflegekind von Jocelyn – ist im zweiten Monat schwanger, macht eine Ausbildung zur Drogenberaterin und ist unglaublich schwankend in allem was sie sagt - dabei gleichzeitig wie ein kleines Kind, was sofort und gleich und überhaupt seinen Willen bekommen muss. Sie schreit und quäkt und lacht und weint und tut dieses alles in einer unglaublichen Ausschliesslichkeit, so dass ich des öfteren nur davor stehe und mit dem Kopf schüttele.

Das Triumph Haus. Wo ein jeder – eine jede unterschiedlich ist und so sein kann, wie er möchte. Irgendwie passe ich wohl hier hinein. Ich weiss zwar nicht wie – aber irgendwie ... schon.

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