"Would you mind holding the umbrella for a Second?"


„Würde es Ihnen etwas ausmachen den Regenschirm für eine Sekunde zu halten? Nein? Gut. Dann kann ich ja gleich ein Foto von Ihnen machen. Das kostet nichts. Ist nur aus Spass. Obwohl – später können Sie es dann kaufen. Heute haben wir einen Spezialpreis. Nur 20 Dollar für zwei Fotos.“


„Entschuldigen Sie? Ja... Sie... Haben Sie Zeit für ein ganz schnelles Foto? Ich mache es mit dem Regenschirm über ihrer Schulter. Und wenn Sie wollen können Sie einen Zirkushut tragen? Ja? Hier... Ich gebe Ihnen den Hut. Und jetzt... Lächeln...Heute haben wir einen Spezialpreis. Nur 20 Dollar für zwei Fotos.“


„Sie sehen aus, als würden Sie ein Foto wollen. Und zwar ein Foto mit einem bunten Regenschirm über ihrer Schulter. Es gibt keine Verpflichtung es zu kaufen. Heute ist ein Spezialpreis. Nur 20 Dollar für zwei Fotos. Nein? Naja... Haben Sie viel Spass bei der Show.“


Wenn die Glocke läutet und die Besucher schon ein bisschen in Eile sind, wird das Wort „Sekunde“ gedehnt so weit man kann. Das Wort „Schnell“ bekommt die Oberhand und kann gar nicht oft genug artikuliert werden:

„Do you mind holding the umbrella for a ... SECOND. I just want to make a quick quick quick quick Photograph of you two.“


Ich stehe mit drei anderen Menschen (die natürlich alle jünger sind als ich) vor dem Cirque du Soleil, habe eine teure Kamera vor meinem Bauch baumeln, einen bunten Regenschirm aufgespannt über meiner Schulter und spreche in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit in einer mir fremden Sprache auf die Besucher des Zirkusses ein.


Dass ich das kann ... Dass ich die Menschen mit meinem Charme einlulle, bis sie ein Foto machen lassen, war mir schon vorher klar. Und doch ist es dämlich.


Ab und zu schießt mir in den Kopf: „Du hast einen fucking Magister und jetzt machst du diesen Dreck.“ und ab und zu denke ich darüber nach, dass der wahre Satz: „Ich bin Fotografin beim Cirque du Soleil.“ nicht viel deutlicher an der wahren Wahrheit vorbeischrammen könnte.

Ich verstehe nun besser, wie sich Autoverkäufer vorkommen. Und verstehe noch deutlicher den „American Style of Selling“.


Jeden Tag gibt es die „Special Offer“ und jeden Tag wird gelächelt, überzeugt, schnell geredet (bis den armen Besuchern gar nichts anderes übrig bleibt, als sich mit Regenschirm und Zirkushut fotografieren zu lassen) und mit dem Regenschirm herumgewirbelt.


Mit der Chinesin Jenny singe ich in den Besucherschwachen Zeiten (etwa ne halbe Stunde bevor die Show beginnt) Arien.

Und wir amüsieren uns, indem ich aus Carmen

„Die Liebe von Zigeunern stammet fragt nicht nach Recht und Gesetz und Kraft“ trällere, während sie dieselbe Zeile auf chinesisch summt. Auf französisch habe ich es nicht so drauf und auch ihre englische Version ist holprig. Das wäre ein guter Kanon. Die Kakofonie eines Zirkusses...


Oder wir singen Lieder aus „Sound of Music“


Grossartige Momente, wenn Laura ihre Karten, wo die Zahlen der Fotos („Hier ist ihre Nummer. Unter dieser Nummer können Sie dann das Foto ansehen. Es gibt ein kleines Zelt, wo Showtime ist.“) draufgemalt sind bewusst auf den Boden schmeisst und dabei sagt:

„Hoppsala.“

„Ohhh. Ich glaube nun sind alle Karten durcheinander und du brauchst mindestens zehn Minuten um sie wieder zu sortieren.“ ist meine Antwort.


Aber auch grossartige Momente, wenn man eine Familie fotografiert hat und auf dem Foto tatsächlich alle gut aussehen und die Mutter der Familie gleich vier Fotos kauft und mich strahlend ansieht und sagt: „Dankeschön.“


„Would you mind holding the Umbrella for a Second.“

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

bist du das etwa auf dem bild? oder ist das eines deiner opfer?

mit deinen ganzen posts (sacht man das so?) kann man ja kaum noch mithalten! hab grad alles mal am stück gelesen. ein gruß von der frau lindner auf diesem wege!