
„Der ist soooo süß.“
„Wer?“
„Na der Security Guard. Er heisst Tim. Aber ich weiss nicht, ob ich mit ihm auf ein Date gehen soll. Er ist immerhin 24 und ich bin erst 14. Stephen hat gesagt, dass ich sie nicht alle habe. Vielleicht gehe ich mit Stephen auf ein Date. Der ist immerhin erst 19.“ Laura kichert in sich hinein und mampft dabei abwechselnd das Popcorn und die Old Dutch Chips, die sie sich von zuhause mitgebracht hat.
„Hmmm.“, sage ich nur. Weil ich irgendwie nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Aber Michaela weiss was zu sagen. Hat sogar eine Idee.
„Hast du seine Nummer?“, fragt sie so cool es irgendgeht. Sie ist diejenige, die wenn sie nicht beim „Cirqu“ arbeitet in zwei Bands spielt. In einer zupft sie Bass und in der anderen singt sie. Ansonsten hat sie ein Nasenpiercing, was ihr oberhalb der (wie mein Kunstlehrer es immer nannte) Rotzrinne hängt, ist schlecht blond gefärbt und unglaublich dünn, was durch die unsägliche Mode Leggings und über den Leggings einen Rock zu tragen noch unterstützt wird.
„Klar habe ich seine Nummer.“, strahlt Laura.
„Dann texte ich ihm mal.“
„Mach das nuuuuuuur niiiiiiiiicht.“, kreischt Laura, hält ihr gleichzeitig ihr Handy mit seiner Nummer vor die silbrig glänzende Nase und ich denke, dass sie nicht nur vierzehn sondern doppelt vierzehn ist.
„Nun hab dich nicht so.“
Der Text wird geschrieben. Irgendetwas von wegen: „Wir haben uns gestern im Cirqu kennengelernt und du hast mir deine Nummer gegeben. Wollen wir uns mal treffen.“ und beide sind glücklich und kichern als die Antwort kommt.
„Ich kenne dich nicht. Will dich nicht kennen. Lass mich in Ruhe.“
Michaela lacht vor sich hin und Laura kichert wieder.
Ich verdrehe innerlich die Augen, kann es aber trotzdem nicht lassen mich über dieses Gespräch zu freuen. Ob nun Kanada oder nicht. Wahrscheinlich machen hunderte von Mädchen zur selben Zeit genau dasselbe. Ein Klischee. Etwas – was man halt macht.
„Aber so was schreibt man doch nicht...“, sagt Laura ernsthaft und man kann ihr ansehen, dass sie ihn urplötzlich doch nicht mehr sooooooo süß findet.
„Vielleicht ist er auf Koks.“, wirft Quing ein. Die einzige Asiatin im Team, die einen nie anschaut, wenn man mit ihr redet und die auf eine „Dental Hygiene“ Schule geht, wo sie so essentielle Dinge wie professionelle Zahnreinigung lernt (als hätte ich damit nicht schon genug Erfahrungen gemacht). Ausserdem redet sie sehr sehr schnell und wenn sie Fragen stellt, dann bombardiert sie einen förmlich mit diesen.
„Wo kommst du her? Wo ist Hamburg? Gibt es da ein Meer? Wie gross ist Deutschland? Warum bist du hier? Hast du einen Freund? Wie geht es dir hier?“
Dieses Mal unterstellt sie also Koks... Laura ist entsetzt, kichert wieder und Michaela tippt wie ein Berserker in ihr Handy „Nimmst du Koks?“.
Sie kichern und lachen. Essen dabei Fish und Chips und überlegen, ob dieses Gericht eigentlich ursprünglich aus Amerika kommt und ob man Tim vielleicht Koks unterjubeln könnte. Irgendwie.
Nur Jenny sitzt ein wenig aussen vor. Jenny ist eine Chinesin, die mich als ich ihr sagte:
„Ich komme aus Deutschland.“ breit anstrahlte und ausrief:
„Ich liebe Deutschland. Ich liebe alles aus Deutschland. Ich liebe deutsche Musik. Deutsche Literatur. Einfach alles.“
„Und was für Musik?“
„Wagner?“
„Aha.“
Diese Gespräche haben wir oft.
„Kennst du viele Musicals?“, wird von mir gefragt, wenn sie aus Sound of Music „Raindrops on Roses and Whiskas on Kittens.“ trällert.
Woraufhin sie antwortet:
„Nein. Ich war zu beschäftigt damit Opern zu sehen und zu hören.“
Das Team. Das Super-Duper-Fotografinnen Team im Cirqu du Soleil.
Der kleine verpickelte Jüngling hat es außer mir übrigens auch geschafft. Doch aus irgendeinem Grund macht er nie Mittagspause gemeinsam mit den anderen. Aus irgendeinem Grund redet er mit niemandem und verzieht immer die Mundwinkel nach aussen und macht laut „Pfffff....“ wenn man ihn ansieht... Aus irgendeinem Grund ...
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