Die Stinke Frau oder The smelly woman

Ich muß eine neue Wohnung finden und nicht nur weil mich das Jeremyproblem soweit gebracht hat, daß ich bei meiner Vermieterin in Coquitlam Unterschlupf finden muß um einmal mit ein bißchen Ruhe und Frieden einzuschlafen und wieder aufzuwachen, sondern auch weil das Triumph Haus verkauft ist und der neue Besitzer keine Mieter (fast wollte ich Insassen sagen) haben möchte.

Und so halte ich mich denn – während ich arbeite – stundenlang bei Craigslist auf. Beantworte vielversprechende Anzeigen, versuche darauf zu achten, daß es nicht wieder eine der Basement Suiten ist und gebe jeden Tag eine eigene Anzeige auf.

Und dann kommt eine Antwort, welche tatsächlich okay zu sein scheint. Das Teilen einer großen Wohnung mit einer “Artistic Woman” nahe dem Commercial Drive. Von der Wohngegend woohl am ehesten mit meinem geliebten Bockenheim zu vergleichen. Alternativ mit vielen Cafes, Secondhandläden und einem kleinen “Klönschnack” dann und wann.

Und so fahre ich nach der Arbeit zum Commercial Drive.

“Ich bin vom Verkehr Downtown aufgehalten worden. Es könnte ein bißchen später werden.”, sagt meine Voicemail.

Katha – so heißt die Frau mit der ich hoffentlich (“Lieber Gott gib mir die Wohnung”) zusammenwohnen werde.

Auf dem Drive kaufe ich mir, da ich mein Rauchen drastisch und tragischerweise auf fünf am Tag eingeschränkt habe und ein Substitut benötige – ein paar Bonbons.

Heruntergerockte Mutter und Tochter in der Trinkhalle mit einem Batzen Süßigkeiten auf der Theke:

“Und das ist meine Begrüßung, wenn ich nach Hause komme!”, sagt die Tochter mit anklagender Miene, während der Trinkhallenbesitzer deftig niest und erklärt dass er die Grippe bekommt.

Aber sie zeigt auf eine Tüte und meint.

“Zumindestens sind das hier Wonkas.”

“Ohhh. Ich liebe Willy Wonka!”

“Ich auch.”

“Aber nicht den Johnny Depp Wonka.”

“Nein. Nein. Den Wonka habe ich auch nie gesehen.”

“Ich auch nicht.”


Und wie so oft geraten wir in eine oberflächliche Plauderei.

(Als ich mit meiner Pudelmütze letztens in den Bus einstieg meinte der Busfahrer

“Hey. I really like your... ahem... Helmet.”) und ich muß mich losreissen, um pünktlich zu Katha zu kommen.

Zwei Blocks vom Drive, ein Telefongespräch mit P.J. (“Hast du Lust mit nach Seattle zu kommen!” und ein wenig Herumirren später rufe ich Katha, die meinte

“Give me a call, when youre there!” an und säusele in den Hörer

“Ich bin da!”

(und JA es ist schwer im Schreiben zwischen Deutsch und Englisch hin und her zu switchen. Im Zweifel rede ich mit den Menschen die hier leben immer englisch. Nur in seltenen betrunkenen Zuständen rede ich deutsch. Beschränke es aber zumeist auf “Guten Abend. “ und “Gute Nacht”

Jedenfalls stolpert flugs eine dicke Frau mit Hüftschaden aus dem häßlichsten Gebäude in dieser Gegend des Victoria Drives und eine kleine häßliche Töle (die in der Anzeige als “loving dog” beschrieben wurde) stolpert hinterher.

“Hey. Ich bin Katha.”, grinst sie mich an und ich weiß nicht genau, ob ich sie mag oder ob ich sie nicht mag, nehme mich zusammen und versuche höflich zu sein. Wir wandern mit dem Hund -”Ich hatte noch nicht die Gelegenheit mit ihr zu gehen” in Richtung des Drive, machen aber kurz vorher Halt -

“Sie braucht nicht soviel Auslauf!!”

und kehren um.

Das häßlichste Gebäude in dieser Gegend des Victoria Drives muß man erst erobern..Prinzipiell gefällt es mir, doch rein objektiv ist es unglaublich abgehalftert, stinkt modrig und reisst mich nicht vom Hocker.

Zunächst geht man in das Haus, nur um dann in den Hinterhof zu gelangen, wo dann eine relativ steile Treppe in den ersten Stock führt.

Beleuchtet von Weihnachtskerzen – nunja jedenfalls jeder Menge bunter Glühbirnen, die sich das Treppengeländer hochschlängeln, gelangt man in ihre Wohnung.

Und die Wohnung an sich, ist cool.

Man könnte was draus machen.

Das Wohnzimmer verfügt über ein riesengroßes Fenster, die Küche und das Eßzimmer sehen europäisch aus.

Und mein zukunftiges Zimmer ist groß, grün gestrichen und hat einen schönen Ausblick.


Aber ... Katha...


Sie lässt sich auf ihre Couch fallen und ich sehe die ganzen Unsicherheiten und Lügen, die mir förmlich ins Gesicht springen.

“I am an artistic Woman. I have worked in Film.”

“Aha... What is zour favourite Moviestar?”

“George Clooney.”

“What?”

“Excuse me... George clooney is soooo sexy!”


Ich erstarre innerlich. Von allen Stars, die sie sich hat aussuchen können wählt sie ausgerechnet George Clooney. Meine Meinung festigt sich. Wir passen nicht zusammen. Sie ist nicht was sie vorgibt zu sein und die Abgründe, die hinter ihrer Maske hervorschimmern sind ... ich versuche ein Wort dafür zu finden doch nur eins fällt mir ein : Zuviel!


“I have lived for seven years in Amsterdam! I did not find a job, so I have worked as chef. I did not find friends in Amsterdam. So I got stuck with english speaking people...”

Ob ich arrogant bin oder nicht. Vielleicht bin ich einfach zu verwöhnt und umgeben von Menschen, die sich zwar manchmal gehörig in die Tasche lügen aber dann wieder daraus auftauchen, die sich Vorwürfe machen und dann alles wieder vergessen ...

Ich verlasse die W0hnung mit einem schlechten Bauchgefühl.

alles würde passen ...

Rein objektiv ...

Das Zimmer ist groß und freundlich

Die Miete ist zwar etwas höher – dafür ist die Lage besser

Und doch sagt mein Bauch – nein er sagt nicht – er schreit förmlich

NEIN


Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen und ich rieche an mir.

Ja.

Das klingt zwar seltsam, aber ist eine unverbrüchliche Tatsache (auch wenn die Geschichte ansonsten nicht wirklich viele Pointen aufzubieten hat) ... Hier ist sie...

Ich rieche an mir, an meinen haaren, an meiner Kleidung und

ich rieche nach ihrer wohnung... und ich stinke...

Sie stinkt...

Die Wohnung stinkt ...Die Wohnung der artistic Woman stinkt nach einer

ganzen Armee von Wunderbäumen

Und ich realisiere, daß auch ich -

nein

Das kann ich nicht

Nein

Das will ich nicht...

Ich werde ihr absagen... müssen...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Nein auf keinen Falll!!!!

sogar mit 3 "l" ....

jo