Als ich gestern von der Arbeit zur Bushaltestelle ging, lief mir ein Kollege über den Weg, mit dem ich mich dann und wann oberflächlich über Konzerte unterhalte. In etwa:
“Joan Baez kommt nach Vancouver.”
“Oh..Hatte die nicht was mit Bob Dylan?”
In dieser Art – nichts weiter.
Heute fragt er mich jedoch als Ausländerin – als Deutsche:
“Was hältst du von den Kanadiern?”
Ich zaudere ein bißchen, hadere und überlege, was ich sagen könnte ohne zu sehr preiszugeben, dass ich mich aus vollem Herzen nach Europa sehene. Ohne zu sagen, dass mir die Kompliziertheit, Behäbigkeit und Angestrengtheit der Deutschen aus tiefster Seele – um noch ein wenig dramatischer zu werden – fehlt.
Also sage ich : “Hmm.”
“Sie sind dumm, nicht wahr? Was denkst du?”
“Naja.”, sage ich und schaue ihm erneut in die Augen.
“So dumm wie die Amis, ne?”, fragt er weiter.
“Naja.”, antworte ich wieder.
Ich will sagen: “Aber du bist doch Kanadier.”, sage es aber nicht, sondern höre ihm gespannt zu. Bei der Selbstkritik und seinen Überlegungen wage ich den Einwand:
“Aber sie sind besser informiert als die Amis.”
“Ja.”, sagt er schnell, “Aber sie machen trotzdem nichts. Sie sind informiert. Aber es passiert nichts.”
“Das könnte schön sein.”, sage ich zögernd. Und in der Tat. Je länger ich mich in Kanada/Vancouver aufhalte, desto mehr fällt mir auf, dass vieles nur Gerede ist.
Viel vermeintlich informiertes Gerede.
Vermeintlich, weil zumeist durch Pathos, Polemik und Populistik vermittelt.
Besonders populistisch ist dieses ganze www.zeitgeist.com Gerede. Auf welches ich ungefähr eine Woche reingefallen bin.
Einfache offensichtliche Wahrheiten werden sowohl als NEU als auch als BEDROHLICH verkauft. Zum Kampf gegen den Kapitalismus wird aufgerüstet und fleissig weiter kritiklos weiterkonsumiert.
Und wer wie ich (und der Rest Europas) Colin Powell keine einzige Sekunde geglaubt hat, dass es Massenvernichtungswaffen im Irak gibt und seine Ansprache vor der EU Kommission um Hans Blix noch vor Augen und im Kopf hat, der schüttelt vehement mit dem Köpfchen ob des Skandales wegen.
Natürlich gab es diese Waffen nicht.
Natürlich geht es nur um Öl.
Natürlich geht es um die Erhaltung einer Supermacht.
“Es gibt Kampagnen in Kanada.”, sage ich nur schlicht. “Soviele Kampagnen: Trinkt mehr Milch! wird abgelöst von “Esst mehr Eier!” oder “Trennt Müll!” oder “Dieser Monat ist “Rettet euer Herz Monat” etc.”
“Passieren tut trotzdem nichts.”, sagt er wieder.
Und ich nicke ihm zu. Wo er Recht hat hat er Recht.
Und mit meiner gesamten (einigermaßen) abgeschlossenen Meinungsbildung über Kanadier und meiner gesamten und großartigen “Angepisstheit” von meinen weiblichen Kollegen, wrefe ich mich auf eine Idee, die mein Kollege Ned hatte
“Ich verstehe nicht...”, sagte er gestern zu mir : “Ich verstehe einfach nicht, warum du nicht einfach in den Bus steigst und nach San Francisco fährst.”
Und als ich dann nach Hause komme, werfe ich mein Internet an und sehe im Flightcentre nach wieviel der Spass kostet.
Flüge kosten fast nichts.
Unterkünfte sind nicht teuer...
Und die simple Frage von einem Kenner des amerikanischen Kontinents, setzt sich in mir fest und wird zu einem Plan.
San Francisco...
Golden Gate Bridge und Museen.
Das Meer und californischer Wein.
Der Sauberkeit Kanadas für ein kleines Weilchen entfliehen.
Dem gewollten und benötigten Saubermannimage des Landes den Rücken kehren.
Ein wenig Abstand bekommen, um dann letztlich und schießlich doch von Halifax nach Hamburg zu fliegen.
Die Route Seattle, Portland, San Francisco, Nebraska, Denver, Toronto, Niagara, Halifax...
Mit Abweichungen....
Und Dann...
Dann Dann Dann...
Hamburg.
Und wie sehr ich mich darauf freue ins immer zuviel sich sorgende (so bezeichne ich neuerdings die Jammerei der Deutschen) Deutschland, wo es in meiner Abwesenheit zu so großartigen Inventionen wie der Abwrackprämie gegeben hat, kann man sich nicht vorstellen.
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