Chinesen, Braunbären, Schnee und Freiheitsgefühle




Viel lieber würde ich über Whistler schreiben.

Über das Gefühl in die Berge zu schweben und im Juni mit Sommerhose und geliehener hellblauer Skijacke über Schnee zu rutschen.

Viel lieber würde ich darüber schreiben, wie ich tatsächlich mit dem Greyhoundbus den wunderschönen „Weg in den Himmel“ - oder aus dem Himmel zurück gefahren bin.

Wie ich von kanadischer Gastfreundschaft überschüttet wurde und wie wohl ich mich gefühlt habe. Einfach nur zu sein. Einfach nur dort bleiben.


Oder darüber, wie wunderbar es war aus dem Busfenster wieder Vancouver zu sehen. Vancouver in seiner Standfestigkeit und Grösse, wie es da über dem Wasser aufragt.

Wie ich das erste Mal das Gefühl von Verständnis hatte – Verständnis, wie es ist eine Kanadierin zu sein. Das erste Mal verstanden habe, warum Menschen in dieses Kanada aufbrechen und nie wieder weg wollen.

Viel lieber würde ich auch über das „Carfreefestival“ schreiben – auf dem Drive, wo ein schriller Vogel neben dem anderen stehtund die Menschen sich anziehen, als hätten sie einen beherzten Griff in die Altkleidersammlung getan.
Wo Männer Röcke tragen und eine Frau mit einem handgemalten T-shirt mitten auf der Straße steht, worauf: „Hug me – for free.“ steht.

Die grossen Gedanken würde ich jetzt gerne denken.
Das grosse Gefühl, was ich hatte, bevor ich wieder in meinen „Chinesenkeller“ musste und mich mit den Vermietern auseinandersetzen musste.

Stattdessen bin ich wütend auf Chinesen.

Sehr sehr sehr wütend und schere eine ganze Gruppe in meiner Wut über einen Kamm.

Ich weiss, dass ich es besser wissen müsste. Ich weiss, dass es Quatsch ist die kleine Wut auf zwei Chinesen gleich auf alle zu übertragen.

Aber dieses Zimmer, die Benutzung dieser Räume kostet mich für effektiv zehn genutzer Tage umgerechnet 300 Euro.

Diese Toilette, die ausläuft, diese Küche, die klebt - dieser Vorgarten... unsägliche Bilder, wenn ich sie hochladen würde, was ich aber nicht tue, aus Gründen der Pietät und Nettigkeit...ich bin ja immerhin noch ein paar Tage hier. Irgendwie.

Wollte ich sie immer noch in Schutz nehmen, wollte ich immer noch sagen: „Es sind nette Menschen, die gastfreundlich sind.“, so kann ich jetzt nur schreien:


Sie müssen doch wissen, dass es nicht zumutbar ist auf solch eine Toilette zu gehen, in solch einem Bad zu duschen, solche Jalousien anzufassen.

In Whistler war ein Bär. Ganz am unterem Ende. Da wo der Skilift beginnt. Da war der Bär. Die „Perle“ unserer Vermieterin hat uns ekelhafte Getränke und Thaichips gekauft. Auf dem Weg zurück haben wir unglaublich gefroren.
Wir waren am Lost Lake, wir wurden umsonst von einem Bus zurück in das Dorf gefahren. Beim Aussteigen sagten alle: "Thank you" zum Busfahrer.
Auf dem Commercial Drive habe ich mir meinen ersten Hut gekauft. Gegen die Sonne. Die ersten schönen Tage.

Jetzt sitze ich hier und wollte den ganzen Tag nichts weiter als duschen und werde nicht duschen gehen bevor es morgen ist und meine Vermieter richtung Job aufbrechen. Obwohl die Fillipinos wahrscheinlich wieder – wie am Sonntag um 6 Uhr morgens aufstehen und mich durch ihr Gedusche aufwecken, da ihre Dusche direkt über meinem Zimmer liegt.

Tausend Fotos von Whistler. Tausend europäische Fotos von Whistler und es hätten noch tausend mehr sein können.
Die Ruhe, die Friedlichkeit, die Gelassenheit...dahin kehre ich mal zurück und schaue mir den Bär gleich nochmal an. Und noch mehr... und wir mussten von einem Skilift zum nächsten mit einem alten Bus gefahren werden. Und auf dem Gipfel gab es Hotdogs. Und die Toilette war ein Plumsklo. Und ... und ...warum blieb ich nicht, warum kam ich hierher zurück?

Nur weil ich eine frische Unterhose und meine Zahnbürste brauchte?

Dämliche Gründe...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich möchte jetzt nun wirklich mal ein Foto von einem Waschbären und eines von dir in canada sehen...

jo