Gut gut.
Jocelyn hat insgesamt fünf Töchter. Das habe ich mittlerweile begriffen und sogar vier der fünf kennengelernt. Aber das immense Ausmass von fünf Töchtern begreife ich erst langsam.
Die fünf Töchter sind nicht mehr fünfzehn und doch...
Jede Menge Drama und jede Menge neue Erfahrungen und Beobachtungen sind hier zu machen.
Wie letztens mit Ivette (mit der ich jetzt übrigens im Basement zusammenwohne)
"Marianne. Mir geht es nicht gut!"
"Ach."
Ivette stöhnt und jammert und liegt auf der Couch herum.
"Ich habe mich schon den ganzen Tag so müde gefühlt und irgendwie erschlagen und ich bin ganz wackelig auf den Beinen."
"Dann leg dich doch nochmal ein bisschen hin und leg die Beine hoch. Das ist bestimmt ganz normal, wenn man schwanger ist.", sage ich in meinem ( anscheinend deutschen Pragmatismus).
Doch Ivette stöhnt weiter.
"Aber das war bisher nie so. Das hatte ich noch nie. Bisher. In der ganzen Schwangerschaft."
Wenn man sich in etwas hineinsteigern will, dann will man sich in etwas hineinsteigern, denke ich und gehe achselzuckend in den Garten, um mich unter den Walnussbaum zu setzen und etwas zu lesen. Die Ausmasse des Hineinsteigerns hatte ich jedoch nicht abgesehen...
Zehn Minuten später kommt Ivette aus dem "Basement" und setzt sich ächzend auf die Stufen und hält das Telefon in ihrer linken Hand. Sie stützt sich mit der rechten Hand ab, schüttelt sich ein wenig, sackt in sich zusammen und wählt eine Nummer.
911
Sie hat den jammerigen Ton drauf, den ich relativ verabscheue und der nicht auf:
"Ich löse ein Problem jetzt", sonder eher auf "Ich will das Problem weiterhin haben" gerichtet ist.
"Ich habe bei der Schwangerschaftsberatung angerufen und die meinten, dass ich den Notruf anrufen sollte. Deswegen rufe ich an.", jammert sie ins Telefon.
Langsam begreife ich, was sie da gerade tut und weiss nicht genau, ob ich mich zu ihr setzen soll oder einfach unter dem Baum sitzen bleiben soll. Nach einigem Ringen mit mir, bleibe ich schlichtweg sitzen und lausche, was da noch kommen möge.
Sie erklärt:
"Nein. Nein. Ich bin im vierten Monat. Und ich habe Angst, dass was mit dem Baby ist. Ich fühle mich heute nicht gut. Ich fühle mich schläfrig und nicht gut...
Aha..
Nein. Nein...
Die Adresse ist ... Kommen sie bitte hinten herum...
Danke..."
Ivette ächzt wieder und ich denke, dass es jetzt an der Zeit ist zu ihr zu gehen.
Unter lautem Gestöhne geleite ich sie zurück ins Wohnzimmer, fordere sie auf sich hinzulegen und die Beine hochzulegen. Tröste sie und trockne Tränen und höre dann auf die Sirenen.
"Sind das schon deine Sirenen?", frage ich sie ab und an und kann schon jetzt den Humor in der ganzen Situation entdecken.
Ivette dagegen ist zu beschäftigt damit sich in eine mögliche Fehlgeburt hineinzusteigern.
Im Hinterkopf, dass man zwar sagen kann, dass Taxen hintenrum kommen sollen, aber dieses NIE befolgt wird und sie dann herumirren, gehe ich zum Vordereingang, als ich Sirenen näher kommen höre und bin schlichtweg fasziniert.
Ein Krankenwagen.
Ein zweiter Krankenwagen.
und... (das ist für mich das Grösste)
Ein Feuerwehrwagen
parken mit blinkenden Lichtern vor dem Triumph Haus.
Ich begrüsse die Ärztin mit:
"Ich dachte mir schon, dass sie vornerum kommen würden."
und geleite sie alle rund ums Haus herum.
"Vorsicht.", sage ich und "Obacht" und nun stehen insgesamt acht Leute im kleinen Wohnzimmer des Basements (oder Souterrains - wie man es auch immer nennen kann).
Die Ärztin winkt den Feuerwehrmännern (viel cooler ist ja das Wort: "Firefighter") zu
"Alles klar Jungs. Ihr könnt gehen!" und bevor sie sich abwenden, frage ich sie mit grossen Augen:
"Müsst ihr bei jedem Notfall kommen?"
"Ja."
"WOW"
Die Ärztin pocht und horcht und fragt Ivette, die immer noch in ihrem: "Ich fühle mich schlecht und will nicht, dass es mir besser geht und ausserdem will ich Aufmerksamkeit und zwar JETZT" Modus ist, geduldig aus.
Währenddessen schleiche ich mich mal kurz hoch ins Erdgeschoss, um die Familie, die dort jetzt wohnt, zu beruhigen. ("Erste Schwangerschaft!", sage ich als Erklärung, woraufhin die vier nur den Kopf schütteln und meinen: "Und wir dachten es wäre eine Bombe oder sowas...")
Zuerst waren die Firefighters da und dann weg...
Danach war die Ärztin da und dann weg ...
Übrig bleiben die Sanitäter, die das protokollarische von Ivette aufnehmen und sie fragen, ob sie ins Krankenhaus möchte.
"Ach nein. Mir geht es schon wieder besser."
"Wir könnten Dich aber hinbringen."
"Ach nein... Vielleicht ist es ja auch nur eine Erkältung. Ich hatte letztens eine. Vielleicht hat sich das nur im Kopf festgesetzt."
"Du kannst uns aber immer anrufen."
"Ach... danke...Aber jetzt - wo ich weiss, dass es dem Baby gut geht - es ist schon alles wieder gut."
Ich denke mir meinen Teil und denke noch ein bisschen mehr und finde die Tatsache, dass Feuerwehrmänner kommen müssen, wenn einer Schwangeren mal n büschen schwindelig ist, spektakulär... Das ist wohl das was übrig bleibt und ausserdem -
Ich habe da eine Meisterin als Mitbewohnerin.
Eine
echte
Meisterin
Eine
echte
wahre
wirkliche
Dramenkönigin
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1 Kommentar:
Ihr Arousel schein wohl sehr hoch zu sein...sonst müßte man ja nicht acht Menschen beauftragen um ein kleines Unwohlsein zu behandeln...Frechheit...
jo
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